Patentrecht: 4A_370/2023, Urteil vom 14. Dezember 2023
Das Bundesgericht hatte sich im Urteil 4A_370/2023 mit der Frage auseinanderzusetzen, ob das Bundespatentgericht zurecht Patente mit Wirkung ex tunc widerrufen hatte.
Entscheid des Bundesgerichts:
Das Bundesgericht bestätigte in Erw. 4.1 seine bisherige Rechtsprechung und hielt fest, dass eine Erfindung gemäss Art. 54 Abs. 1 EPÜ 2000 und Art. 7 Abs. 1 PatG als neu gelte, wenn sie nicht zum Stand der Technik gehöre. Stand der Technik bilde nach Art. 54 Abs. 2 EPÜ 2000 alles, was vor dem Anmeldetag der europäischen Patentanmeldung der Öffentlichkeit durch schriftliche oder mündliche Beschreibung, durch Benutzung oder in sonstiger Weise zugänglich gemacht worden ist. Objekt der Neuheitsprüfung sei die Erfindung, wie sie im jeweiligen Patentanspruch definiert worden sei. Hierzu sei der Patentanspruch auszulegen, wobei die allgemeinen Grundsätze zur Interpretation von Patentansprüchen gelten. Die in den Patentansprüchen umschriebenen technischen Anleitungen seien demnach so auszulegen, wie der Fachmann sie verstehen würde. Ausgangspunkt jeder Auslegung bilde der Wortlaut, wobei die Beschreibung und Zeichnungen zur Auslegung der Patentansprüche heranzuziehen seien.
Das Bundesgericht setzte sich mit der Vorgehensweise des Bundespatentgerichts zu den Ansprüchen auseinander und kam in Erw. 4.21. zum Schluss, dass die blosse Erklärung des Beschwerdeführers zu einer Wirkung, nicht zur Abgrenzung der Erfindung vom Stand der Technik geeignet sei.
Unter welchen Voraussetzungen Erfindungen unter dem Titel «weitere medizinische Indikationen» im Einzelnen patentierbar seien, könne dahingestellt bleiben, so das Bundesgericht. Entscheidend sei, dass die blosse Erklärung einer Wirkung jedenfalls kein technisches Merkmal sei, das zur Abgrenzung der Erfindung vom Stand der Technik dienen könne. Das blosse Aufdecken des Wirkungsmechanismus einer schon bekannten Anwendung lasse keinen patentrechtlichen Schutz zu (Erw. 4.3.3).
Weiter stellte das Bundesgericht fest, dass auch in Bezug auf die Hilfsanträge mangels erfinderischer Tätigkeit Nichtigkeit vorliege. Nach Art. 56 Abs. 1 EPÜ sei keine patentierbare Erfindung, was sich in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergebe (vgl. auch Art. 1 Abs. 2 PatG). Gemäss Bundesgericht sei entscheidend, ob ein Fachmann nach all dem, was an Teillösungen und Einzelbeiträgen den Stand der Technik ausmacht, schon mitgeringer geistiger Anstrengung auf die Lösung des Streitpatents kommen könne, oder ob es dazu zusätzlichen schöpferischen Aufwands bedürfe (Erw. 5.1).
Schliesslich hielt das Bundesgericht fest, dass es sich beim «Aufgabe-Lösungs-Ansatz» nicht um die ausschliessliche vorgeschriebene Methode handle, sondern eine von mehreren Möglichkeiten darstelle, um die erfinderische Tätigkeit zu beurteilen. Insofern würde gemäss Rechtsprechung des Bundesgerichts keine Rechtsverletzung vorliegen, wenn zur Prüfung der erfinderischen Tätigkeit nicht der «Aufgabe-Lösungs-Ansatz» Anwendung finden würde (Erw. 5.2.3).
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