Urteil des Bundesgerichts 4A_273/2023 vom 25. September 2023
Die Beschwerdeführerin, die A AG, ist die eingetragene Inhaberin der europäischen Patente EP xxx und EP yyy “oral furmulations of deferasirox”. Diese Erfindung bezieht sich auf eine spezifische Hilfsstoffe aufweisende, schluckbare Filmtablette mit einem relativen Gewichtsanteil von Deferasirox von 45-60%. Das bedeutet, dass 45-60% des Gesamtgewichts der Tablette auf den Wirkstoff Deferasirox entfallen. Die Beschwerdegegnerin, die B AG, verfügt über eine Swissmedic-Zulassung für das Arzneimittel Deferasirox B.
Die Beschwerdegegnerin erhob Klage gegen die Beschwerdeführerin, um die Nichtigerklärung der schweizerischen Teile der europäischen Patente EP xxx und EP yyy zu beantragen. Die Beschwerdeführerin reichte als Widerklage eine Patentverletzungsklage ein, um ein Verbot für die Beschwerdegegnerin zu erwirken, das Arzneimittel Deferasirox B in der Schweiz und in Liechtenstein auf den Markt zu bringen. Das Bundespatentgericht wies sowohl die Nichtigkeitsklage als auch die Widerklage ab. Die A AG hat daraufhin eine Beschwerde beim Bundesgericht eingereicht und verlangt die Gutheissung der Widerklage. Das Bundesgericht wies die Beschwerde ab.
Das Bundesgericht stützte dabei seine Entscheidung auf Art. 66 lit. a PatG und Art. 69 des Europäischen Patentübereinkommens, der den Schutzbereich eines Patents regelt. Von besonderer Bedeutung war dabei die Äquivalenzprüfung, die bestimmt, ob eine abgewandelte Form eines patentierten Produkts als gleichwertig angesehen wird. Im vorliegenden Fall wurde die Gleichwertigkeit verneint, da die von der B AG verwendete Formulierung einen Wirkstoffanteil ausserhalb der im Patent definierten Bandbreite von 45-60% aufwies.
Das Bundesgericht unterstrich, dass die A AG durch die exakte Definition des Wirkstoffanteils in ihren Patentansprüchen auf den Schutz für Konzentrationen ausserhalb dieses Bereichs verzichtet hat. Die vorliegende Entscheidung betont die Bedeutung der präzisen Formulierung von Patentansprüchen und stellt klar, dass Erweiterungen des Schutzbereichs über die wörtliche Auslegung der Patentansprüche hinaus nicht leichtfertig gewährt werden.
Die Entscheidung sorgt für weitere Rechtssicherheit im Bereich des Patentrechts und zeigt auf, dass der Schutzumfang eines Patents genau den Angaben entspricht, die in den Ansprüchen festgelegt sind. Dies hat bedeutende Implikationen für die pharmazeutische Industrie und für Patentanmelder allgemein, die angemessen Schutz für ihre Innovationen suchen, jedoch auch klare Grenzen in der Anwendung dieser Schutzrechte beachten müssen. Patentanmelder sollten darauf achten, ihre Ansprüche präzise zu formulieren und alle möglichen Interpretationen zu bedenken, um den gewünschten Schutzumfang sicherzustellen.
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