Tätigkeit als Verwaltungsratsmitglied
BGer 4A_546/2023 vom 13. Mai 2024
A. Sachverhalt:
B. (Arbeitnehmer / Beschwerdegegner) war seit September 2018 bei A_AG (Arbeitgeberin / Beschwerdeführerin) zunächst als Managing Director / Country Manager Switzerland und ab Ende Januar 2019 als Präsident des Verwaltungsrates angestellt. Weitere Mitglieder des Verwaltungsrates waren E., F., G. und H.
Gegen Ende Februar 2020 diskutierten die Parteien erfolglos über den Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung. Daraufhin kündigte die Arbeitgeberin dem Arbeitnehmer ordentlich. Schliesslich kündigte die Arbeitgeberin Ende April 2020 dem Arbeitnehmer per sofort aus wichtigem Grund.
In der Folge entstand zwischen den Parteien eine Auseinandersetzung über die Rechtmässigkeit der fristlosen Kündigung und deren Folgen sowie den frühestmöglichen ordentlichen Kündigungstermin. Schliesslich hatte sich das Bundesgericht mit dem Fall auseinanderzusetzen.
Zusammenfassend unterstellte die Arbeitgeberin dem Arbeitgeber, er habe ihr 100% seiner Arbeitskraft zur Verfügung stellen müssen und sie habe bis April 202 keine Kenntnis von seiner Nebentätigkeit gehabt.
B. Materielles
In seinen Erwägungsgründen erinnerte das Bundesgericht zunächst an die Grundlagen der fristlosen Kündigung sowie die Rechtsprechung hierzu:
Gemäss Art. 337 OR kann der Arbeitgeber wie der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis aus wichtigen Gründen jederzeit fristlos auflösen (Abs. 1). Als wichtiger Grund gilt jeder Umstand, bei dessen Vorhandensein dem Kündigenden nach Treu und Glauben die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden darf (Abs. 2). Über das Vorhandensein solcher Umstände entscheidet das Gericht nach seinem Ermessen (Abs. 3) (E. 5.1.1). Das Bundesgericht wies daraufhin, dass es Ermessensentscheide frei prüfe und dabei Zurückhaltung ausübe. (E. 5.1.2). Nach der Rechtsprechung zu Art. 337 OR ist eine fristlose Entlassung nur bei besonders schweren Verfehlungen des Arbeitnehmers gerechtfertigt. (E. 5.1.3).
Im konkreten Fall:
Wie die Vorinstanz kam auch das Bundesgericht zum Schluss, dass sich hier die Arbeitszeit des Arbeitnehmers (ergebnisorientiert) aus dem für die Erfüllung der übernommenen Funktion erforderlichen Zeitaufwands ergebe. Ferner sei die Nebentätigkeit – welche im Übrigen nicht konkurrenzierend sei – weder ausgeschlossen noch als bewilligungspflichtig bezeichnet worden (E. 5.2.1).
Das Bundesgericht hielt sodann fest, dass die Erstinstanz zu Recht abgeleitet habe, dass die Organe der Beschwerdeführerin von Beginn weg (teilweise) Kenntnis von gewissen Nebentätigkeiten des Beschwerdegegners gehabt hätten und ihr dieses Wissen zuzurechnen sei. Weiter sei nicht substanziiert behauptet, dass sie bereits vor dem 22. April 2020 dagegen vorgegangen sei oder sich kurz vor der Abmahnung etwas an ihrem Wissensstand geändert habe. Es könne daher angenommen werden, sie sei mit den Nebentätigkeiten einverstanden gewesen (E.5.2.2). Auch habe die Erstinstanz zu Recht festgehalten, dass die Beschwerdeführerin nicht substanziiert dargelegt habe, wie viel Zeit die Nebenbeschäftigungen des Beschwerdegegners in Anspruch genommen hätten und dass er deshalb nicht genügend Zeit für seine Tätigkeit bei ihr investiert haben soll (E. 5.2.2).
Gemäss Bundesgericht übersehe die Arbeitgeberin, dass sie das Arbeitsverhältnis mit dem Beschwerdegegner wegen Unzufriedenheit mit dessen Leistungen bereits am 26. Februar 2020 ordentlich gekündigt habe. Entsprechend komme eine diesbezügliche Abmahnung grundsätzlich nicht mehr in Frage. Auch habe sie die (wechselnden) Aufgaben und Pflichten, die dem Beschwerdegegner während des Arbeitsverhältnisses übertragen worden seien, nicht hinreichend substanziiert. Im Übrigen vermöge sie nicht zu erklären, weshalb sie die angeblich mangelhafte Aufgabenerfüllung vor dem 22. April 2020 nicht beanstandet habe bzw. warum bis dahin niemandem aufgefallen sein soll, dass der Beschwerdegegner die ihm übertragenen Arbeiten angeblich nicht erledigt habe (5.2.3).
Es sei zu beachten, dass G. dem Beschwerdegegner bereits am 20. Februar 2020 per E-Mail mitgeteilt habe, dass die Beschwerdeführerin dessen Dienste ab August 2020 nicht mehr benötige und seine Tätigkeit bis dahin darin bestehe, sie bei der Verlegung ihrer Tätigkeiten nach Bermuda zu unterstützen. Auch darauf gehe die Beschwerdeführerin nicht ein. Nach Ansicht des Bundesgerichts entstehe der Eindruck, dass sie mit der Abmahnung einen Weg gesucht habe, das Arbeitsverhältnis mit dem Beschwerdegegner nach der ordentlichen Kündigung möglichst schnell zu beenden. Dies gelte umso mehr, als zwischen der Abmahnung und der fristlosen Auflösung des Arbeitsverhältnisses nur gerade fünf Arbeitstage verstrichen seien (E. 5.2.3).
Zusammenfassend sei mit der Erstinstanz festzuhalten, dass die von der Beschwerdeführerin am 30. April 2020 ausgesprochene fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses nicht gerechtfertigt gewesen sei (E. 5.2.5).
Im Übrigen obliege der Beweis für eine allfällige Verletzung der gesetzlich normierten Schadenminderungspflicht gemäss Art. 337c Abs. 2 OR durch den Arbeitnehmer grundsätzlich dem Arbeitgeber; immerhin trifft den Arbeitnehmer nach Treu und Glauben auch eine Mitwirkungspflicht bei der richterlichen Abklärung des rechtserheblichen Sachverhalts (E. 5.7.1).
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