Abgeltung des Ferienanspruchs mit dem laufenden Lohn
Darf ich als Arbeitgeber bei einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses den Ferienanspruch meiner Arbeitnehmerin mit ihrem Lohn abgelten? Genau auf diese Frage ist das Bundesgericht in seinem am 30. Januar 2023 ergangenen Leitentscheid eingegangen und hat die Frage wie folgt beantwortet:
Im Besagten Entscheid hält das Bundesgericht fest, dass der Arbeitgeber nach Art. 329d Abs. 1 OR verpflichtet ist, der Arbeitnehmerin für die Ferien den gesamten darauf entfallenden Lohn und eine angemessene Entschädigung für den ausfallenden Naturallohn zu entrichten.
Die herrschende Lehre und Rechtsprechung befürworten, dass die Arbeitnehmer während den Ferien lohnmässig nicht schlechter gestellt werden dürfen, als wenn sie in dieser Zeit gearbeitet hätten. Diese Bestimmung ist relativ zwingend, weshalb Vereinbarungen, welche die Arbeitnehmer schlechter stellen, nichtig sind.
Ausserdem dürfen die Ferien während der Dauer des Arbeitsverhältnisses nicht durch Geldleistungen oder andere Vergünstigungen abgegolten werden.
Das Bundesgericht führt in diesem Entscheid weiter aus, dass bei einer Vollzeitbeschäftigung bei demselben Arbeitgeber eine Abgeltung des Ferienanspruchs aufgrund monatlicher Schwankungen des geschuldeten Lohns ausgeschlossen ist. Es lässt aber eine solche Abgeltung ausnahmsweise zu, wenn die 3 folgenden zwingenden Voraussetzungen erfüllt sind:
- Es muss sich um eine unregelmässige Beschäftigung handeln;
- Der für die Ferien bestimmte Lohnanteil muss klar und ausdrücklich ausgeschieden sein;
- In den einzelnen schriftlichen Lohnabrechnungen muss der für die Ferien bestimmte Lohnanteil ausgewiesen werden.
Mit anderen Worten muss der Arbeitgeber den auf die Ferien entfallenden Lohn bezahlen, wenn diese Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Der Lohn ist zu dem Zeitpunkt zu bezahlen, in dem die Ferien bezogen werden.
Hier gilt es zu präzisieren, dass das Bundesgericht den Begriff der «unregelmässigen Beschäftigung» in seiner früheren Rechtsprechung sehr eng umschrieben hat. Eine Ausnahme vom Abgeltungsverbot lässt er demzufolge nur bei sehr unregelmässiger Arbeitszeit von Teilzeitbeschäftigten oder bei unregelmässigen Beschäftigungen, namentlich bei Teilzeitstellen zu.
Die Rechtsprechung des Bundesgerichts hat demzufolge die Ausnahme vom Verbot der Abgeltung des Ferienlohns mit dem laufenden Lohn nur für Fälle von unregelmässiger Teilzeitarbeit und nicht für Vollzeittätigkeiten zugelassen.
Bei einer Vollzeitbeschäftigung des Arbeitnehmers bei derselben Arbeitgeberin ist eine ausnahmsweise Abgeltung des Ferienlohnanspruchs aufgrund monatlicher Schwankungen des geschuldeten Lohns somit unzulässig.
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