Urteil des Bundesgerichts 5A_33/2023 vom 20. Dezember
Das Bundesgericht befasste sich in seinem Urteil 5A_33/2023 vom 20. Dezember 2023 mit der Frage der elterlichen Sorge und der Wohnsituation der beiden Kinder nach einer Ehescheidung.
2017 hatte das Bezirksgericht Regelungen für das Getrenntleben der Eltern festgelegt. Die Scheidung wurde im Januar 2019 eingereicht, und nach einer gescheiterten Mediation wurde den Kindern eine Vertreterin bestellt. Ein psychologisches Gutachten über die Betreuungs- und Erziehungsfähigkeit der Eltern wurde ebenfalls eingeholt. Im Oktober 2021 kam es zu einer Teilvereinbarung über die Scheidungsnebenfolgen, einschliesslich einer wechselnden Betreuung der Kinder. Das Bezirksgericht genehmigte diese Vereinbarung, entschied jedoch, dass der Mutter das alleinige Sorgerecht zugesprochen werden sollte, während das Aufenthaltsbestimmungsrecht sowie die Obhut für die Kinder beiden Eltern gemeinsam zugesprochen wurde. Der Vater legte gegen diese Entscheidung Berufung beim Obergericht des Kantons Zürich ein, welches die Entscheidung des Bezirksgerichts bestätigte. Der Vater reichte daraufhin eine Beschwerde beim Bundesgericht ein. Er beantragte eine gemeinsame elterliche Sorge und den zivilrechtlichen Wohnsitz der Kinder beim Vater.
Entscheid des Bundesgerichts:
Unter Erw. 4.2 betonte das Bundesgericht, dass die gemeinsame elterliche Sorge von Vater und Mutter auch im Kontext der Ehescheidung den Grundsatz bildet (Art. 133 Abs. 1 Ziff. 1 i.V.m. Art. 296 Abs. 2 ZGB), von dem nur dann abgewichen werden soll, wenn eine andere Lösung die Interessen des Kindes ausnahmsweise besser wahrt. Die Zuteilung der elterlichen Sorge an einen Elternteil allein muss deshalb eine eng begrenzte Ausnahme bleiben, die namentlich in Betracht fällt, wenn die Eltern in einem schwerwiegenden Dauerkonflikt stehen oder in Kinderbelangen anhaltend kommunikationsunfähig sind. Vorausgesetzt ist weiter, dass sich die Probleme zwischen den Eltern auf die Kinderbelange als Ganzes beziehen und das Kindeswohl konkret beeinträchtigen (vgl. Art. 298 Abs. 1 ZGB). Erforderlich ist die konkrete Feststellung, in welcher Hinsicht das Kindeswohl beeinträchtigt ist. Schliesslich ist eine Abweichung vom Grundsatz der gemeinsamen elterlichen Sorge nur dort am Platz, wo Aussicht darauf besteht, mit der Zuteilung der elterlichen Sorge an einen Elternteil allein eine Entlastung der Situation herbeizuführen.
In diesem Urteil bestand gemäss dem Bundesgericht die Besonderheit, dass den Eltern, obgleich das Sorgerecht umstritten war, die Obhut über die Kinder, mithin deren tägliche Betreuung, gemeinsam übertragen wurde (Erw. 4.3). Nach eingehender Auseinandersetzung mit der Gesetzeslage hielt das Bundesgericht sodann fest, es sei nicht vorgesehen, in Fällen der Ausübung der elterlichen Sorge durch nur einen Elternteil die alternierende Obhut anzuordnen. Das Gesetz eröffne mit anderen Worten nicht die Möglichkeit, einem Elternteil zwar (gemeinsam mit dem anderen Elternteil) die Obhut, nicht jedoch auch das Sorgerecht zuzuweisen, wie die Vorinstanz dies möchte. Vielmehr erfordere die Zuteilung der Obhut in jedem Fall die elterliche Sorge des betreffenden Elternteils (Erw. 4.3.1).
Das Bundesgericht hob das Urteil des Obergerichts auf. Es erachtete diese Entscheidung als gesetzeswidrig, da eine alternierende Obhut der Kinder durch beide Elternteile vorgesehen war, was normalerweise nur bei gemeinsamer elterlicher Sorge erfolgt. Das Gericht wies darauf hin, dass das Obergericht seine Ermessensspielräume überschritt, da es die elterliche Sorge der Mutter allein zuwies, obwohl die Eltern nach gerichtlicher Einschätzung ausreichend zusammenarbeiten könnten, um eine alternierende Obhut zu ermöglichen. Das Bundesgericht verwies den Fall zurück an das Obergericht zur erneuten Prüfung, ob in Teilbereichen die Übertragung alleiniger Entscheidbefugnisse auf einen Elternteil gerechtfertigt sein könnte.
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